SWIFT J1756.9-2508

Substellarer Begleiter eines Millisekundenpulsars

Helligkeit:
Sichtbarkeit:
Sternbild: Schütze
Rek.: 17 56 57.1, Dek.: -25 06 26.7
Bezeichnungen: SWIFT J1756.9-2508

Kataklysmische Veränderliche sind sehr enge Doppelsterne und gehören zu den Röntgendoppelsternen. Die Röntgenstrahlung entsteht in solchen Sternsystemen durch Akkretion von Materie eines massearmen Sterns, die auf ein massives Objekt strömt. Über 1.600 kataklysmische Systeme sind heute bekannt, und im Juni 2007 kam ein neues Objekt hinzu: SWIFT J1756.9-2508.

Die Entdeckung

Am 07. Juni 2007 entdeckte ein Team um Hans Krimm, NASA Goddard Space Flight Center, mit dem Weltraumteleskop Swift eine neue Röntgenquelle im Sternbild Schütze, 2° von M 8 entfernt. In den darauffolgenden Tagen wurden genauere Daten mit Swift und dem RXTE (Rossi X-ray Timing Explorer) gesammelt. Für 30 Minuten Beobachtungszeit wurde der RXTE am 13. Juni um 21:00 MESZ auf die Röntgenquelle, deren Leuchtkraft weiter anstieg, ausgerichtet. Das Objekt sandte gepulste Strahlung mit einer Frequenz von 182 Hz aus. 11 Stunden später war dieses Resultat bereits online: "SWIFT J1756.9-2508 is a 182 Hz Millisecond X-ray Pulsar".

Planet ...

Hans Krimm und Craig Markwardt, ebenfalls am Goddard Space Flight Center der NASA, wiesen so den 8. Millisekunden-Röntgenpulsar nach. Der Pulsar mit einem Durchmesser von vielleicht nur 20 oder 30 Kilometer rotiert mit 5,5 Millisekunden. Am 16. Juni, als die Leuchtkraft des Strahlungsausbruchs begann abzunehmen, erschien die Meldung "Orbital Parameters of SWIFT J1756.9-2508", in der die beiden Entdecker von einem Begleiter sprechen, den sie in den RXTE-Daten fanden. Die Pulssignatur sprach für einen Begleiter von mindestens 7 Jupitermassen. Nach diesen bisherigen Ergebnissen sollte ein extrasolarer Jupiter den extrem schnellen Neutronenstern in nur 55 Minuten umkreisen, der Abstand würde nur eine Mondentfernung betragen. Der Gasriese wäre zugleich die massearme Komponente, von dem Gas in einem Materiestrom auf den Pulsar überströmt. Es wäre der wohl bizarrste Planet.

In den Morgenstunden des 21. Juni wurde Swift erneut auf die Position ausgerichtet, doch die Quelle war verschwunden. Nur während eines Helligkeitsausbruchs wird das Sternsystem im Röntgenbereich sichtbar. Möglicherweise wurde ein paar Tage später ein Infrarot-Counterpart mit einem der VLT-Teleskope gefunden.

... oder Brauner Zwerg?

Am 12. September erschien schließlich das Preprint des Entdeckerteams in der arXiv-Datenbank: "Discovery of the accretion-powered millisecond pulsar SWIFT J1756.9-2508 with a low-mass companion". Darin heißt es, dass die Masse des Begleitsterns zwischen 7 und 31 Jupitermassen betragen muss und selbst beim oberen Grenzwert wäre er weniger als 100.000 Kilometer klein, während der Pulsar mindestens 20 Kilometer groß ist. Wie dem auch sei, dieser berechnete Massenbereich würde auch für einen Braunen Zwerg sprechen. Doch scheinen hier die bekannten Modelle zu versagen. Nach den derzeitigen Resultaten kann es weder ein Planet noch ein Brauner Zwerg sein.

Eine zerstörte Sonne

Favorisiert wird daher der winzige Überrest eines komplett verschlungenen Sterns, der einst vielleicht die 1- bis 3-fache Sonnenmasse gehabt hat. Sein Schicksal wurde nicht durch seine Masse bestimmt, sondern die Nähe zum kompakten Neutronenstern. Seine enorme Gravitationskraft zieht kontinuierlich Gasmassen aus dem Begleiter. Heute besteht der winzige Gasball nur noch aus Helium, der Abstand liegt bei nur 370.000 Kilometer (ca. eine Mondentfernung). Die gesamte Wasserstoffhülle des einst sonnenähnlichen Sterns wurde bereits vom Millisekundenpulsar aufgesogen.

Übrigens ist SWIFT J1756.9-2508 nicht das erste kannibalische System mit einem substellaren Begleiter. Die Millisekundenpulsar-Quelle XTE J1807-294, 2003 auch von Markwardt entdeckt, hat ebenfalls einen Partner mit mindestens 7 Jupitermassen.

September 2007

Keine Kommentare: